Betreten erwünscht

Friedhöfe in Berlin, Leipzig und Budapest

Friedhöfe sind Oasen in der Großstadt. Zumeist ist der Baumbestand Ehrfurcht einflößend, die Grabmale immer Ausdruck der vergangenen Gesellschaftsformen und des Ranges darin.

Mein Lieblingsfriedhof ist mit Abstand der Kerepesi Temetö in Budapest. Dieser Friedhof ist überreich gefüllt mit überwiegend schönen weiblichen Plastiken und ungarischen Symbolen. Hier liegen neben bedeutenden Persönlichkeiten wie Deák, Batthány und Kossuth, Sänger, Komponisten und berühmte Geiger (Primás). Da muß du gewesen sein, sonst warst du nicht in Budapest. Nahe des Keleti pályaudvar (Ostbahnhof), Zeit mitnehmen.

An seiner Rückfront anschließend liegt etwas versteckt der Israelitische Friedhof, ein verwunschener Wald mit dichtem Unterholz und alten Gräbern und schöner Schmiedeeisenkunst. Stille pur. Klopfen, es wird geöffnet.

Im X.Stadtbezirk etwas außerhalb der Stadt in der Kozma utca ist der Zsido Temetö zu finden. Hier sind die bedeutende jugendstilistische Majolikaund zwei Autos auf Grabmalen zu finden.
Auf der Budaer Seite entdecke ich gerade den Farkasreti Temetö, eingebettet in einen Hügel mit ganz anderem Erscheinungsbild als gewohnt.

Im Raum Berlin mag ich besonders den Südwestkirchhof in Stahnsdorf. Ein riesiger Waldfriedhof mit bedeutender Kunst unter Bäumen, einer hölzernen Kapelle im nordischen Stil und farbiger Bemalung, wichtige expressionistische Grabanlagen, schöner Klassik und letztlich auch das Grab von Vater Zille. An Wegkreuzungen sind gestaltete Ruheplätze und Brunnen. Herrlich das Rauschen der Bäume...
Jeden 1.Samstag ab März gibt es sehr fachkundige Führungen, unbedingt empfehlenswert.

Natürlich habe ich die drei bedeutenden jüdischen Friedhöfe in der Großen Hamburger Straße, in der Schönhauser Allee und in der Herbert-Baum-Straße betreten (unbedingt eine Kopfbedeckung mitnehmen). Das ist eine Überfülle an Grabanlagen, die von Jechiel Aschkenasi bis Max Liebermann, von Moses Mendelssohn bis Bethel Strousberg, von Mathilde Jakob bis Herbert Baum und von Rudolf Mosse bis Leopold Ullstein reicht. Eine unendliche Fülle von schönen Details gibt es zu entdecken, zuweilen hinter vorgeblendeten Türchen auch menschliche Antlitze (siehe oberes Bild, dahinter ist ein wunderschönes Frauenbild verborgen).

Einer meiner Söhne Florian, der in Leipzig Ur- und Frühgeschichte, Archäologie studiert (und mir diese Seiten gestaltet hat), führte mich auf den Südfriedhof ganz in der Nähe des Völkerschlachtdenkmals (grauenhafter Bau, aber schöne Aussicht). Den finde ich sehr romantisch und voller stattlicher Bäume und Sträucher. Und hier liegt ein namensähnlicher „Verwandter, Fritz Baedeker neben Franz Konwitschny, Wolfgang Mattheuer, Julius Blüthner, Peter Gläser („Cäsar“) und Klaus Renft.

Einen großen Einfluss auf meine Streifzüge hatten die Friedhöfe in Berlin-Mitte, denn da liegen die großen und kleinen Leute, Krieger, Denker, Musiker, großen Architekten und Künstler.
Hier ist der erste jüdische Begräbnisplatz der Juden in Berlin in der Großen Hamburger Straße ("Toleranzstraße"), die bedeutenden Friedhöfe in der Chausseestraße mit Schinkel, Schadow und und und, der Garnisonkirchhof mit den Generälen des 19.Jh., ein Dichter namens de la Motte-Fouque (Undine)und der große Freiheitskämpfer Lützow, hier sind die drei Kirchhöfe hinter dem Wöhlertgarten und Liesenstraße und die beiden Kirchhöfe an Acker- und Bergstraße (der Musikerfriedhof: mit Lortzing, Kollo, einem Bach-Enkel, Bechstein und dem Erbauer des Roten Rathauses Waesemann, Mampe und Höffner).
Der kleinste Friedhof allerdings ist der des Apothekers Marquardt (Rote Apotheke um die Ecke) am Pfeiler des Warenhauses Wertheim in der Sophienstraße, da ist letztlich der Kirchhof der Sophienkirche selbst mit Koepjohann und Zelter.

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