Von Flaschengrün und Himmelsrichtungen

Feuer, Wasser, Luft, Erde und die kleine DDR

"Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne" ...

Zur DDR-Zeit war mir das Haus des Lehrers fremd. Wenige Male war ich im plüschigen Rüschencafé oder in der Bar im obersten Geschoss. Ich mochte die „Baubinde“, wie sie im Volksmund genannt wurde, wegen der plakativen Alltagsumsetzung nicht sonderlich. Sie war mir zu belehrend.
Putzig waren die Informationstafel und Beschilderungen im ganzen Haus aus „russischbrotartigen“ Metallbuchstaben zum Umstecken.
Meine Meinung über die „Bauchbinde“ änderte sich schlagartig als ich nach 2001 von der Rüstung aus das Mosaik bewundern, ihren Erneuerungsprozess erleben konnte. Fast römisch anmutend aus der Nähe.
Es lebte auf einmal im Detail. Und es sollte vollständig erhalten bleiben, nicht nur wegen des Denkmalschutzes. Womacka freut´s.

Nahezu zwei Drittel des Mosaik wurden mit Haftpapier gesichert, kartografiert, vorsichtig abgeschält und nach Quedlinburg in die Glaswerkstätten Schneemelcher gebracht und von 2003-04 mühsam von Hand restauriert.
Ein Hausmeister des HdL hatte über Jahrzehnte die herabgefallenen Mosaikteilchen gesammelt. Leider ging dieser Container auf dem Weg in die Werkstatt verloren. Aber die Mitarbeiter dort, die eigentlich bedeutende Kirchenfenster restaurieren oder neu schaffen, haben ganze Arbeit getan.
Jetzt dürfte es wieder Jahrzehnte lang strahlen. Und ich strahle jetzt mit.

Die Idee:
Der Entwurfs des neuen Hauses des Lehrers an nahezu gleicher Stelle wie das kriegszerstörte Lehrervereinshaus sollte auf persönlichen Wunsch von Henselmann (1905 – 1995) um eine künstlerische Arbeit ergänzt werden. Bereits in den ersten Entwürfen berücksichtigt er die „Kunst am Bau“ in Form eines umlaufenden Frieses, der insgesamt 125 Meter lang und sieben Meter breit ist und dessen Gestaltung der Künstler und Maler Walter Womacka (geb. 1925 in ) übernimmt.

Der Fries umhüllt das dritte und vierte Stockwerk und ist als Mosaik mit einigen Applikationen aus Metallen oder Zementbetonplatten ausgeführt. Das riesige Werk besteht aus etwa 800.000 Einzelsteinen, einige Steinchen sogar aus Kacheln des nahegelegenen U-Bahnhofs Schillingstraße, der zeitgleich ausgekleidet wurde.

Das ausgeführte Motto: „Unser Leben“ sind ineinander verwobene Miniaturen des sozialistischen Alltags im Stil des DDR- Agit-Prop. Walter Womacka, der zu den bekanntesten bildenden Künstlern der DDR zählte, vermischte in seiner Darstellung die damaligen Idealvorstellungen vom Leben im Kommunismus mit Szenen des gewöhnlichen DDR-Alltags, inklusive Südfrüchte natürlich.
Ein Motiv auf der rückwärtigen Seite des Gebäudes nimmt spiegelbildlich Womackas berühmtestes Gemälde „Junges Paar am Strand“ auf. Kein anderes Bild hing öfter in DDR-Wohnzimmern als diese Darstellung zweier junger Menschen.

Ursprünglich plante Womacka die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde an den vier Himmelsrichtungen darzustellen. Am Ende viele politischer Reglementierungen ergab sich das heute sichtbare Bild, auf dem nicht einmal ein Soldat ohne Helm, aber dafür ursprünglich eng umschlungen, dargestellt werden durfte, wie es Womacka anfänglich vorsah.

Womackas Wandfries löste die Forderung des Architekten ein: „Eine kühne, meinetwegen auch etwas verwegene, auf jeden Fall aber heitere Arabeske“. Ganz in der Tradition eines Diego Rivera.

Den jungen Pionieren wurde immer suggeriert, dass die grünlich Glassfassade aus den von ihnen gesammelten Altgläsern gemacht wurde. Aber das ist sicher nur eine Pädagogen-Legende.

„Bleibe hell, mein Licht, Bleibe hell, mein Licht"

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